Die Rechenmaschine CURTA - Mechanik in vollendeter Form - Peter Kradolfer (6/12)

Die CURTA und ihr Erfinder Curt Herzstark ~ Peter Kradolfer


Abb. 10: Funktionsweise der Komplementärstaffelwake. Nach einer Abbildung aus [Nemecek].




Abb. 11: Zwei CURTA Modell I, die Maschine links mit hochgezogener Antriebskurbel für Drehung im subtraktiven Sinn. Beachte den sichtbaren hellen Ring, der später rot eingefärbt wurde. Die senkrechte Verschiebung der Kurbelwelle beträgt bloss etwa 3 mm.


In der Mitte des Bildes ist die Staffelwalze in ihrer Subtraktionsstellung dargestellt. Die Zahnsegmente der Komplementärverzahnung sind mit 1' bis 9' bezeichnet. Damit nun zum Zwecke der Subtraktion das vollständige 11-stellige Neunerkomplement übertragen wird, muss an jeder der drei vordersten Stellen, die ja bereits ausserhalb des Einstellwerkes liegen, 9 addiert werden. Zu diesem Zweck sitzen auf den drei vordersten Achsen feste, in der Höhe der Null stehende Zahnräder, die im Falle der Subtraktion das 9-zähnige Segment 9' erfasst. Somit wird tatsächlich bei angehobener Staffelwalze das 11-stellige Neunerkomplement addiert».


Wie im Kasten 1 gezeigt wird, braucht es zur Subtraktion ausser der Addition des Neunerkomplementes noch die Erhöhung der niedrigsten Stelle um I. Dazu dient das zweite Einstellrädchen auf dem Treibelement an der ersten Stelle. Bevor wir uns weiteren Einzelheiten zuwenden, wollen wir der Frage nachgehen, welche Vorteile, die eben beschriebene Konstruktion mit sich bringt.


Vorteile der Komplementärstaffelwalze beim
Rechnen mit einer CURTA


Vor meinem ersten Besuch bei Curt Herzstark im April 1988 lernte ich unterwegs in der Eisenhahn die Maschine bedienen. Ich habe wohl geahnt, dass mich Herr Herzstark danach fragen könnte. Tatsächlich, recht bald kam die

Frage: «Kennen Sie die abgekürzte Multiplikation?» Dank meiner Vorübungen konnte ich mit einigem Stolz die Frage bejahen. Um so weit zu kommen, habe ich die Gebrauchsanweisung, ein Faltblatt13 mit Anleitung für die Grundoperationen studiert. Daraus entnehme ich das folgende Beispiel, es soll die Vorteile der abgekürzten Multiplikation verdeutlichen. Für die verwendeten Bezeichnungen vergleiche man Bild 12.




12: Bezeichnungen der Teile einer CURTA I, nach [Lind].



Kasten 2:



133 * 89 = ?
1. Maschine rechenklar, d.h. alle Werke löschen und Wagen in
   Position 1
2. Im Einstellwerk mit den Einstellgriffen 1 bis 3 die Zahl 133 
   einstellen
3. Kurbel hochziehen und 1 subtraktive Umdrehung, wodurch 133 *
   (-1) gerechnet wird
4. Wagen in Position 2 bringen, geübte Rechner schaffen das mit
   der linken Hand allein
5. Mit hochgezogener Kurbel 1 subtraktive Umdrehung, wodurch 133 *
   (-10) gerechnet wird
6. Wagen in Position 3 bringen
7. Kurbel zurück in die Additionsstellung und I additive Drehung,
   wodurch 133* 100 gerechnet wird




Führen wir die Rechnung nach der Anleitung durch, so ergibt die Kontrolle im Umdrehungszählwerk 89, d.h. wir haben tatsächlich die eingestellte Zahl 133 mit 89 multipliziert. Das im Resultatwerk abzulesende Resultat heisst 11837. Wie lässt sich dieses korrekte Resultat erklären?
Wir haben gerechnet: 133 * ( -1 * 1 - I * 10 + 1 * 100), also 133 * ( -1 -10 + 100) und das ist identisch mit 133 * 89; wir haben es aber mit drei Umdrehungen statt mit deren 17 erreicht, wie es bei 133 * (9 + 8 * 10) nötig wäre.
Wer dieses Rechenverfahren zum ersten Mal nachvollzieht, wird vielleicht denken, das sei reichlich umständlich. Es sei doch viel einfacher, einfach zu kurbeln bis ... ja eben, bis Fehler entstanden sind. Denn je mehr ich kurble, umso eher habe ich einmal zu viel oder zu wenig gedreht. Natürlich kann man ohne weiteres korrigieren.



13 Daneben gibt es noch ein Heftchen im Format A 6 mit Rechenbeispielen


© Peter Kradolfer 1993
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